Nach „Der Nachtwandler“ und „Abgeschnitten“ wollte ich weitere Geschichten von Sebastian Fitzek hören und kurz vorweg: Schön, dass er früher auch mit weniger Gewalt für Spannung sorgen konnte. Der Thriller „Das Kind“ von Sebastian Fitzek erschien bereits 2008. Es war das dritte Buch des promovierten Juristen und die Verfilmung lief 2012 im Kino.
Kurz zur Handlung:
Robert Stern ist Strafverteidiger und wird von dem zehnjährigen Simon erwartet. Dieser quält sich mit Schuldgefühlen. Aber nicht, weil er beim Fußballspielen die Fensterscheibe des Nachbarn zerschlagen hätte, sondern weil er denkt, in einem früheren Leben ein Serienmörder gewesen zu sein. Seit der todkranke Junge eine von seiner Krankenschwester spendierte Rückführung gemacht hat, ist er davon überzeugt und sucht deswegen Hilfe bei Robert. Als dieser mit der Beschreibung von Simon tatsächlich eine Leiche findet, weiß er noch nicht, was er damit anstößt. Und dann ist da ja auch noch der Sohn des Anwalts, der vor 10 Jahren kurz nach der Geburt gestorben ist. Oder eben auch nicht…Mit seinen Nachforschungen bringt er sich und den Jungen in Lebensgefahr.
Ungekürzte Lesungen kennt wohl jeder, ungekürzte Hörspiele hingegen gibt es noch nicht viele. Seit ich „Das Kind“ gehört habe, bin ich für viel mehr Umsetzungen in dieser Form. Bei der Produktion wurde wirklich an nichts gespart. Nicht an Zeit, denn immerhin sind 434 Minuten zu hören, also über 7 Stunden. Auch am Personal wurde nicht gespart. Mehr als 30 Sprecher waren im Studio, darunter Simon Jäger als Erzähler, Sascha Rotermund als Anwalt Robert Stern, Tanja Geke als Krankenschwester Carina und David Nathan als Ermittler. Unter den weiteren finden sich weitere Sprechergrößen wie Oliver Rohrbeck, Nana Spier, Vera Molitor und Peter Weis. Für die Musik sorgte Dirk Wilhelm. Die Bearbeitung des Romans und gleichzeitig die Regie übernahm Johanna Steiner. Sie hat 2006 als Studentin bei der Lauscherlounge angefangen und arbeitet dort mittlerweile als Hörspielautorin und -regisseurin. Ihr Hörspiel „übernacht“ bekam den Ohrkanus, also DEN Hörspielpreis im deutschsprachigen Raum, für das Beste Hörspiel Erwachsene. Für die Regie von „Das Kind“ bekam sie einen weiteren Ohrkanus.
Bei diesen Rahmenbedingungen waren meine Erwartungen entsprechend hoch. Zum Glück wurden sie auch erfüllt. Kurz gesagt: alle Beteiligten haben einen super Job gemacht. Die Geschichte ist an sich spannend, vielleicht auch einen Tick unglaubwürdig, aber in der Hörspielinszenierung ist sie total packend. Wer mit dem Hören anfängt, sollte durchaus Zeit mitbringen. Ich wollte immer schnell wissen wie es weitergeht und bei der Personalfülle auch nicht den Überblick verlieren. Mit dem Buch hätte ich vielleicht Probleme gehabt, da Sebastian Fitzek hier zwar wieder einen spannenden Plot liefert, immer wieder falsche Fährten legt und kleine Hinweise zum großen Schlüssel macht. Einen Literaturpreis hat er sich mit dem Thriller nicht verdient. Wer literarisch Anspruchsvolles sucht, ist hier falsch. Ansonsten kann man mit diesem Hörspiel sehr viel Spaß haben oder besser gesagt spannende Stunden verbringen. Wobei auch der Humor hier wieder nicht zu kurz kommt und es auch eine Art Happy End gibt, das auch ein bisschen kitschig ist. Aber hey, das haben wir uns nach dem Nervenkitzel doch wirklich verdient!
Es gibt übrigens ein paar Making off Videos, die einen kleinen Einblick in die Produktion geben und natürlich auch die Gesichter zu den bekannten Stimmen zeigen.
Wer wie ich mit „Das Kind“ auf den Geschmack gekommen ist, kann direkt weiterhören: „Amokspiel“ gibt es ebenfalls als ungekürztes Hörspiel und heute erscheint „Der Seelenbrecher“ bei audible. Letztes hat übrigens ’nur‘ eine Länge von fünfeinhalb Stunden.
Sebastian Fitzek: Das Kind. Das ungekürzte Hörspiel. Lübbe Audio, 6 CDs/ 434 Min, 19,99 €.