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Wagner, Loriot und ich

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Die Premieren der Bayreuther Festspiele sind wieder mit sehr viel Presserummel über die Bühne gegangen. Ohne mich. Ich war mal in Bayreuth am Festspielhaus, drinnen war ich nicht. In meinem Studium der Theaterwissenschaft habe ich einige Kurse bei einer Musikwissenschaftlerin belegt und viele Opern kennengelernt. Am Ende waren sie sogar Thema meiner mündlichen Masterprüfung (Monteverdis „Orfeo“ und Hindemiths „Neues vom Tage“). Aber Wagner? Klar kenne ich irgendwelche Schnipsel und dass das unerträgliche Gepiepse aus einigen Handys früher mal „Der Ritt der Walküren“ war, weiß ich auch. Außerdem habe ich mal „Die lustigen Nibelungen“ (von Oscar Straus und Fritz Oliven) gesehen. Das war’s auch schon mit meinem Wagner-Wissen. Das wollte ich ändern. Dankenswerterweise hat die Deutsche Grammophon „Loriot erzählt Richard Wagners Ring des Nibelungen an einem Abend“ neu aufgelegt und ich habe zugegriffen.

Auf 2 CDs sind Ausschnitte der vier Opern versammelt, die immer wieder von Loriot in seiner ganz eigenen Art kommentiert werden. Er war ein Fan von Rheingold, Walküre, Siegfried und Götterdämmerung und hat es in der Spielzeit 1992/93 tatsächlich geschafft, Wagners Ring an einem Abend im Nationaltheater Mannheim auf die Bühne zu bringen. Ich weiß nicht woran es lag, aber diese Aufnahme wurde nicht für die CD verwendet. Stattdessen stammen diese bereits aus den Jahren 1968-1970. Vielleicht hat es damit zu tun, dass Karajan und die Berliner Philharmoniker einfach bekannt sind. Aber Karajan ist heute nicht mehr das unumstrittene Maß der Dinge und ich glaube, dass das auch schon vor 20 Jahren ähnlich war. Auf jeden Fall kann ich mir vorstellen, dass es für Wagner- und Klassik-Anfänger angenehmer gewesen wäre, eine weniger getragene Version zu hören. Diese etwas antiquierten Hörbeispiele passen aber gut zu dem fast schon feierlichen Ton, in dem Loriot seinen Text vorträgt. Dazu muss ich etwas anmerken. Es ist eine klanglich überarbeitete Neuausgabe, aber ich höre an einigen Stellen seines Textes deutliche Lautstärkeschwankungen, die nichts mit Loriots Betonung zu tun haben. Sind meine Kopfhörer zu schlecht? Muss ich das mit einer Dolby Surround Anlage hören, damit es richtig wird? Ich habe keine Ahnung.

Für mich war ja aber auch die Hauptsache, dass Loriot die Handlung humoristisch rüberbringt  und sie dabei tatsächlich verständlich macht. Ich bin jetzt nicht zum Wagner Liebhaber geworden, aber immerhin habe ich mir den kompletten Ring auf CD ausgeliehen. (Kleiner Tipp: Den gibt es zum Beispiel in der Stadtbücherei Bochum) Vielleicht gehe ich demnächst doch noch in eine Wagner-Oper. Vorher lerne ich aber noch folgendes Loriot Zitat von der CD auswendig:

Mit dem plötzlichen Auftauchen der Rheintöchter, drei unbekleideten passionierten Schwimmerinnen, ist das Ende der Unschuld vorprogrammiert. Das bekannte Gesangstrio singt ebenso gut unter wie über Wasser und hört auf die Künstlernamen Woglinde, Wellgunde, Floßhilde. Unverantwortlicherweise sind die Damen mit der Bewachung eines hochbrisanten Wertobjektes, des so genannten Rheingoldes betraut, ohne im Mindesten hierfür geeignet zu sein. Sie lassen sich vor Ort ansprechen von einem gewissen Alberich aus Nibelheim. Die Damen wittern willkommene Kurzweil und treiben mit dem zwergenwüchsigen Voyeur ein aufreizendes, übles Spiel, wobei sie seinen Stolz als Liebhaber empfindlich verletzen. Schließlich geben sie in Kicherlaune auch noch das Betriebsgeheimnis preis. Maßlose Macht über die Welt fällt demjenigen zu, der das Rheingold zu einem Ring zu schmieden vermag und dafür zeitlebens auf Liebe verzichtet. Kein Wunder, Alberich fühlt sich ohnehin um den erotischen Erfolg betrogen und greift stattdessen nach der Weltmacht. Er flucht auf die Liebe, raubt das Gold und verschwindet in Richtung Nibelheim. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Wenn die Rheintöchter, sagen wir mal, etwas entgegenkommender gewesen wären, hätte man sich drei weitere aufwändige Opern sparen können. Das sollte zu Denken geben. (Loriot)

Spätestens jetzt sollte jedem klar sein, dass man so mit Wagner wirklich Spaß haben kann. Das geht übrigens in letzter Zeit auch in einigen Theatern, die das Stück auf den Spielplan gesetzt haben. Der Erzähler tritt natürlich ein schweres Erbe an.

Loriot erzählt Richard Wagners Ring des Nibelungen an einem Abend am Beispiel der Aufnahme von Herbert von Karajan und den Berlinern Philharmonikern. Deutsche Grammophon, 2 CDs/147 Minuten, 29,99 €.

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