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Eckart von Hirschhausen: Liebesbeweise

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Ich habe schon mal bei einem Auftritt von Eckart von Hirschhausen sein Merchandising verkauft und weil er nun bei den Ruhrfestspielen auftrat, habe ich die Chance genutzt, und ihn mir mal live angesehen. Um mich herum viele typische Ruhrfestspiele-Besucher (über die ich mich an anderer Stelle noch mal auslassen werde), die den Mann aus dem Fernsehen auch mal sehen wollen. Das war auf jeden Fall eine gute Gelegenheit, um sich mit 30 noch mal richtig jugendlich zu fühlen. Ich fand es ja gewagt, das Late Night Kabarett um 22:30 Uhr anzusetzen und vorher noch ’normales‘  Theater zu zeigen. So kam es dann auch, dass die Türen wohl etwas später als geplant geöffnet wurden.

Diese Musik beim Einlass, das kann doch wohl nicht sein Ernst sein: „Er gehört zu mir“, „Dein ist mein ganzes Herz“ und andere schlimme Schlager. Mit dem Warm-Up per Beamer auf der Leinwand steigt das Niveau dann etwas. Die Witze sind nicht alle neu, kommen aber offensichtlich beim größtenteils auch nicht mehr ganz taufrischen Publikum an. Der Doktor selber kommt direkt nach der Begrüßung von der Bühne, um sich mit dem Publikum zu unterhalten. Dort stellt er per Summtest fest, dass so gut wie keine Singles anwesend sind, einige Anwesende aber wohl lieber Single wären. Damit hat er den Großteil des Publikums bereits im Griff. Im Laufe des Abends erhärtet sich der Verdacht, dass viele der anwesenden Paare schon 25 Jahre verheiratet sind und einige der Tipps wirklich nötig haben.

In den immer wieder vorkommenden Gesprächen mit dem Publikum, an allen improvisierten Stellen, ist Eckart von Hirschhausen am stärksten. Hier bringt er sein medizinisches Wissen locker rüber und bringt die Menge zum Lachen. Wenn er dann auch noch treffsicher die Leute anspricht, die mit ihren Äußerungen alle amüsieren, läuft es einfach rund.

Sein Vortrag auf der Bühne hingegen wirkt manchmal zu steif, zu sehr eingeübt. Das ist er natürlich auch, aber es wäre schön, wenn man das etwas weniger merken würde. Etwas lockerer wirkt Hirschhausen in den Gesprächen mit seinem Pianisten Christoph Reuter. Der kann mit seiner trockenen Art und natürlich auch mit seinem Klavierspiel einiges zu dem Abend beitragen. Mit dem Klavier und seiner Stimme begleitet er den Gesang von Eckart von Hirschhausen. Denn der nimmt in seinem Programm nicht nur die Texte bekannter und beim Eingang gehörter Liebeslieder auseinander, sondern trägt auch selber welche vor. Das führt zwar nicht direkt zu Ohrenschmerzen, aber eine CD nimmt der Arzt hoffentlich nicht auf. Mit seinen Gesangsnummern und auch mit seinem Sprechen zur Klavierbegleitung begibt sich Hirschhausen hart an die Grenze zum Schmalz.

Wenn Hirschhausen sich hingegen darauf konzentriert, menschliche Beziehungen und wie sie schief laufen können, nicht nur medizinisch, sondern eben auch mit viel Humor zu erklären, dann ist er gut. Und dann leuchtet auch jedem ein, warum es total praktisch und normal ist, dass die Verliebtheit der ersten Stunde nicht jahrelang anhält. Dann käme man nämlich zu nichts. Also abgesehen von dem Naheliegenden.

Hirschhausen hatte angekündigt, dass er zufrieden sei, wenn bei jedem nur ein Punkt hängen bleibe. Mir bleibt vor allem im Kopf, wie er mit Gymnastikbändern Statistiken visualisiert hat. Das war ganz lustig. Unangenehm wurde es aber am Ende: Das Publikum wird aufgefordert  aufzustehen,  ‚All you need is love‘ zu singen und im Takt mitzuklatschen (haha, ein deutsches Publikum und Rhythmusgefühl, guter Witz, wenn nicht einer der besten des Abends!). Also Stimmung und Standing Ovations auf Kommando. Beim Rest des Publikums hat das funktioniert.

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