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Buchtipp: An die Kunst glauben (Wolfgang Ulrich)

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Vor Kurzem hat eine Putzfrau im Dortmunder U Kalk aus einem Trog entfernt und damit ein Kunstwerk zerstört. Sofort kam eine Diskussion auf, wieso dieses Werk mit 800.000 Euro versichert ist. Um den Wert von Kunststücken geht es auch in Wolfgang Ullrichs neuem Buch “An die Kunst glauben”.

Wieso ist ein Werk, das von vielen nur mit dem Spruch  „Ist das Kunst oder kann das weg?“ beachtet wird, so viel wert sein? Für Wolfgang Ulrich hat das zum Teil damit zu tun, dass man an die Kunst glaubt. Und sei es nur daran, dass sie später noch mehr wert sein wird. Heutzutage ist es ja auch so, dass teure Kunstwerke als Statussymbole genutzt werden. Und wer es sich wirklich leisten kann, investiert nach Wolfgang Ulrich auch in eigentlich Hässliches oder Wertloses. Das hört sich vielleicht seltsam an, aber auch das gehört in den Zusammenhang von Religion und Kunst.

Wolfgang Ulrich zeigt diesen an verschiedenen Beispielen. So geht es einerseits um Kunst in Kirchen, zum Beispiel im Kölner Dom. Da gab es ja vor einigen Jahren Streit um ein Fenster von Gerhard Richter. Er schreibt auch über regelrechte Machtkämpfe zwischen Kunst und Kirche. Andererseits kann Kunst aber auch dazu beitragen, den Glauben zu bestärken und einige der behandelten Künstler sind wohl wegen der Kunst vom Protestanten zum Katholiken geworden.

Die katholische und die evangelische Kirche unterscheiden sich ja unter anderem dadurch, dass man in katholische Kirchen immer viele Bilder und Statuen findet. Wolfgang Ullrich diagnostiziert bei einigen protestantischen Künstlern dann sozusagen einen Mangel, der sie zunächst in die Kunstreligion treibt. Für sie ist also die Kunst der Heilsbringer. Bei vielen Künstlern kam es dann dazu, dass sie konvertierten. Und dann Kunst produzierten, die diesen Glauben auch bei den Betrachtern stärken sollte.

Das klingt sicher theoretisch, aber es handelt sich hier schließlich um ein wissenschaftliches Buch. Der Leser wird mitgenommen auf eine kleine Reise durch Kunst- und Kirchengeschichte. Es kann zwar schon mal vorkommen, dass man ein Fremdwort nachsehen muss, aber das Buch ist auf jeden Fall für Kunstinteressierte geeignet, die nicht Kunstgeschichte studiert haben. Für mich als Neuling in dem Bereich war es auf jeden Fall aufschlussreich.

Einerseits hätte ich mir mehr Bilder gewünscht. Die Werke, die näher besprochen werden, sind zwar abgedruckt, aber relativ klein und nur schwarz-weiß. Andererseits findet man die Bilder ja schnell im Internet. Und schließlich ist es auch ein Taschenbuch und mit 12,90 Euro erschwinglich. Wenn der Wagenbach Verlag sich für eine Art Bildband entschlossen hätte, wäre das Buch natürlich auch viel teurer geworden.

Es ist Wolfgang Ulrich gelungen, ein verständliches Buch über ein komplexes Thema zu schreiben. Er deckt ein recht großes Spektrum ab, sowohl zeitlich als auch in der Unterschiedlichkeit der besprochenen Kunstwerke.
Was mir etwas gefehlt hat, war ein Fazit am Ende. Trotzdem finde ich es lesenswert für alle, die sich für Kunst interessieren.

Wolfgang Ulrich: An die Kunst glauben. Verlag Klaus Wagenbach, 176 Seiten, 12,90 €.

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